Rückschläge in Auftrieb verwandeln – das Geheimnis des zielorientierten Flow

Bald schon ist das erste Quartal 2025 Geschichte. Eine gute Zeit um zu reflektieren. Ist alles so gelaufen wie du es dir gewünscht oder vorgestellt hast? Was läuft gut? Was könnte besser laufen und hast du eine Idee was dein Beitrag dazu ist? Wenn du mit Blick auf deine Ziele für 2025 nur eine Sache anders machen könntest, was wäre das?

Warum es so wichtig ist krisenhafte Ereignisse rasch anzunehmen und wie das in unsicheren Zeiten und bei komplexen Problemen gelingt.

Manchmal lassen sich schmerzhafte, radikale Veränderungen, dennoch nicht voraussehen oder vermeiden. Nach Daryl R. Conner werden 7 Phasen durchlaufen, bevor sich Betroffene auf eine neue Situation einlassen: Die Lähmung beschreibt den Schockzustand, der durch die wahrgenommene Veränderung ausgelöst wird. Es folgen Verleugnung, Ärger beziehungsweise Zorn. Ist der emotionale Widerstand durchbrochen kommt es zur Verhandlung und es beginnt eine erste Auseinandersetzung mit der neuen Situation. Dies allerdings (noch) unter der Prämisse negative Auswirkungen zu vermeiden. Wird erkannt, dass sich diese nicht vermeiden lassen, folgt zunächst die Phase der Depression, bevor es zum Ausprobieren kommt. Der Prozess endet mit der Phase der Akzeptanz. Mehr dazu in meinem ISPO Beitrag: „Mit mentaler Stärke zum Geschäftserfolg“.

Im Bonus Punkt des ISPO-Artikels hatte ich bereits erwähnt, wie wichtig es ist, die bestehende Situation anzunehmen. Denn je länger das Durchlaufen der vorherigen Phasen dauert, desto mehr Zeit und Energie geht verloren. Veränderungsprozesse kosten Kraft. Eine Verletzung zu heilen und den Status Quo oder gar ein „Comeback Stronger“ zu erlangen benötigt Zeit. Wie viel Kraft und Zeit, hängt maßgeblich davon ab, wie lange du brauchst die siebte Phase zu erreichen – am Berg wie im Business.

Wie nutzt du unerwartete Veränderungen für deinen Aufrieb und gelangst wieder in den Flow?

Ganz einfach, meistere unerwartete Veränderungen mit Disziplin und mentaler Stärke und Selbstvertrauen. Doch so einfach ist das oft nicht. Denn manchmal reicht Disziplin nicht aus. Insbesondere wenn die negativen Konsequenzen nicht eindeutig voraussagbar sind. Um beim Beispiel der Verletzung zu bleiben: Drei Experten (m/w/d) weichen mit ihrer Prognose weit voneinander ab. Die Folge ist, dass wir weitere Experten zu Rate ziehen. Wobei wir meist schon eine präferierte Antwort haben, die möglichst nah am ursprünglichen Zustand bzw.  Weg zum Ziel liegt. Wenn von den drei weiteren Experten, zwei eine unliebsame Prognose abgeben und einer, eine uns zuträgliche, läuft man rasch Gefahr, dieser gewünschte Einschätzung (entgegen aller Statistik) mehr Wert zuzuschreiben, z.B. indem man diesem Experten eine höhere Kompetenz zuschreibt. Das kann zu einem längeren Verharren in den genannten Phasen oder gar zum Rückschritt in bereits durchlaufene Phasen der Veränderung führen. In wirtschaftlich schnelllebigen Zeiten mit komplexen globalen Zusammenhängen, ist diese Unsicherheit nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Wie gelingt es  das “Alte“ beherzt loszulassen, für neue Erfolgs-Wege?

Vorab eine persönliche Erfahrung vom Südtirol Ultra Skyrace (121 km / 7.554 hm):

Damit es beim Ultratrail Running trotz aller Widrigkeiten der Natur und im Kampf mit dem inneren Schweinhund, über Distanzen von 100, 200 oder 300 Kilometern noch beim „Running“ bleibt, gibt es Zeitlimits, s.g. Cut-Offs.  Beim Südtirol Ultra Skyrace 2019 hatte ich die Cut-Off bei der Hälfte um fünf Minuten verpasst und war damit aus dem Rennen. Ich habe mich tierisch geärgert, als ich im Bus mit den Ausscheidern zurückfuhr. Nicht über das Fohlen, dass ich kurz zuvor bestimmt zehn Minuten gestreichelt hatte. Auch nicht darüber, dass ich im Glauben, das Zeitlimit sei hier moderat, nach gefühlt ewig langer Zeit wieder einen Ultra mit meinem Mann zusammenlief.

Ich ärgerte mich darüber, dass meine Uhr nicht richtig funktionierte. Dass ich meinen zeitlichen Rückstand zu spät bemerkte und es nichts mehr half, die letzten fünf Kilometer bis zur Verpflegungsstation am Penser Joch mindestens 30 Prozent schneller zu rennen. Darüber, dass der Veranstalter das Zeitlimit für diesen Streckenabschnitt gegenüber dem Vorjahr um eine Stunde gekürzt hatte. Darüber, dass es bei einem Rennen, bei dem Schlafen nicht erforderlich ist, eine Time-In und eine Time-Out gab und der Mann von der Zeitmessung meiner Bitte, die fünf Minuten zu vergessen, solange ich rechtzeitig wieder raus sein würde, nicht erfüllte.

Am allermeisten ärgerte ich mich aber über mich selbst, weil ich mir die Einteilung der Streckenabschnitte und Zeitlimits nicht gut genug angesehen hatte. Mein Ärger hielt über das Abendessen hinweg an. Ich nahm ihn mit in den Schlaf. Ich wachte mit ihm zusammen auf. Der Ärger verflog noch vor dem Frühstück, als mein Mann mir sagte: „Der Andi hat eine WhatsApp geschrieben. Es gab scheinbar ein schlimmes Gewitter. Eine norwegische Läuferin wurde vom Blitz getötet.“

Für einen Moment fühlte ich nichts. Absolute Leere. Ich rief die Teilnehmerliste auf. Es gab nur eine Norwegerin, die angemeldet war. Eine Freundin unserer norwegischen Lauffreundin, Maria. Maria hatte sich am Vorabend nach unserem Befinden erkundigt. Sie sah das DNF (did not finish) von mir und meinem Mann, der 19 Minuten nach mir am Penser Joch ausschied, und wollte wissen, ob es uns gut ginge. Sie habe gehört, die Strecke sei technisch sehr anspruchsvoll. Ihre Freundin sei noch unterwegs.

Ich erkundigte mich bei Maria: „Hi, Maria, is your running friend okay? Do you know anything?” Auf meine Frage, ob es ihrer Freundin gut ginge, sendete mir ein großes rotes Herz. Mein Atem stockte, mir kamen die Tränen. Ich kam mir vor, als sei ich im falschen Film. Ich dachte an meinen Ärger und meine Enttäuschung und das Fohlen, das mich sehr wahrscheinlich vor den Gewitter bewahrt hatte. Dem Typ von der Zeitmessung, der seiner Reaktion nach nicht annähernd verstand, wie sich das knappe Ausscheiden für einen Läufer anfühlt, musste ich notgedrungen ebenso dankbar sein. (Mehr solcher Erfahrungen in meinem Buch „Trail and Error – Der Weg ist nicht das Ziel“; erschienen beim egoth Verlag )

GLÜCK oder PECH, zeigt sich oftmals erst viel später.

Ob gut oder schlecht, zeigt sich oftmals erst viel später. Das zu wissen und es sich in der Situation bewusst zu machen, hilft unerwünschte Veränderungen ohne unnötigen Zeit- und Kraftverlust zu akzeptieren. Mein Motto beim Laufen wie im Leben lautet: „Kämpfe nicht mit dem Weg. Nutze, was er dir gibt.“

Wenn ich die Wahl habe, ein Rennen mit oder ohne Krise zu meistern, dann würde ich immer das Rennen ohne Krise bevorzugen. Es kostet mich weniger Ressourcen und bringt mich schneller an mein gewähltes Ziel.

Krisen und ungewollte Ereignisse lassen sich jedoch nicht gänzlich vermeiden. Je schneller wir die neue Situation akzeptieren – je positiver, rascher und gelassener wir damit umgehen – desto größer ist die Wahrscheinlichkeit die Krise ressourcenschonend zu meistern. Im deutschen Wort „Krise“ verbirgt sich das englische Verb „rise“, zu deutsch „aufsteigen / sich erheben“. Manches können wir nicht ändern, aber wir können daran wachsen.

Gelassenheit ist übrigens etwas anderes als Gleichgültigkeit. Wenn ich eins über die Jahre gelernt habe, ob am Berg oder im Business, auf Ultratrails oder in Unternehmen: „Manches wird erst gut, wenn wir es gut sein lassen.“

„Ein Krieger des Lichts, verhält sich manchmal wie ein Fluss, er passt sich dem Weg an, der möglich ist, vergisst aber nie sein Ziel.“ (Paulo Coelho)

Verfalle deshalb nach der Phase der Akzeptanz nicht der „Action Bias“. Dem Irrtum, dass jede Aktion besser sei als keine. Du hast durch das rasche Durchlaufen der sieben Phasen so viel Zeit und Energie gespart, um in Ruhe zu reflektieren. Danach kannst du mit einer guten Strategie den Veränderungsprozess starten.